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LZV SteiermarkSteiermark | Dez 2018

Ohne Züchter keine Pferde

Pferdezüchter leisten enorm viel und tragen in der Pferdevermarktung ein großes Risiko. Auch ich kann ihnen nicht sagen, wie sie mit der Pferdezucht reich werden, aber vielleicht ein paar Tipps geben, wie der sehr umfassende Bereich zu sehen ist. Gerade hier tun sich Anfänger schwer, denn sie steigen mit einer viel zu hohen Erwartungshaltung in diesen umfassenden, hochsensiblen Bereich ein.

Der verantwortungsvolle Züchter sollte sich bewusst sein, wer seine Kunden sind und was sie wünschen. Das heißt die Züchter aller Rassen müssen sich bemühen, schöne zweckmäßig konstruierte Pferde mit korrektem Fundament und drei ordentlichen, taktreinen Grundgangarten, die charakterlich in Ordnung sind, auf den Markt zu bringen!

 

Hier wird klar ersichtlich, wie wichtig die züchterische Verantwortung und somit die Eigenverantwortung  ist. Vergessen wir dabei nicht, dass Zuchtfortschritt eine strenge Selektion braucht. Und gerade diese konsequente, strenge Selektion ist in der Pferdezucht schwer möglich, da sie stark durch Emotionen und eigene Geschmäcker gelenkt wird. Das Zauberwort heißt „kundenorientiertes Marketing“.

 

Nur ein kleiner Teil der Kunden sind Turnierreiter, die weitaus meisten Konsumenten gehören der Freizeitschiene an. Ihre Hauptmotive sind die Freude am Tier und der Natur. Das Pferd ist für viele ein Familienmitglied und kein Sportgerät. Beim Kauf sind ihnen die Gesundheit, der Charakter des Pferdes und das angenehme Sitzgefühl am Pferd sehr wichtig. Pferde, egal welcher Rasse sie angehören, wecken beim Menschen Emotionen, bewegen deren Gefühle und wie jeder Pferdefreund weiß, auch deren Geldbörse.

Das Freizeitpferd  ist leider immer noch ein wenig mit dem Image behaftet, ein „Ausschussprodukt“ der Leistungszucht zu sein, und daran orientiert sich sehr oft auch die Zahlungsbereitschaft der Kunden.

 

Das von vielen Züchtern angestrebte „Leistungspferd“ ist nicht, wie viele meinen, nur das Ergebnis der Zucht, also der Genetik, sondern hier spielen Aufzucht, Haltung, Ausbildung und Präsentation eine wesentliche Rolle. Das klingt sehr einfach, ist aber in der Praxis äußerst schwer umzusetzen. Das heißt dieses Ziel ist meistens nur vom geschickten Züchter, der alle Bereiche abdeckt und beherrscht, zu erreichen.

 

Apropos Geldbörse: Züchten ist auch am eigenen Hof nicht billig und der finanzielle Faktor kann deshalb nicht ausgeklammert werden. All das vorher genannte, von der Anpaarung bis zur Ausbildung, soll ja auch bezahlt werden.

 

Da Pferdekauf in hohem Maße Vertrauenssache ist, achtet der Züchter auch auf ein gutes Image, eine hohe Glaubwürdigkeit und versucht seine Zuchtprodukte am Markt zu etablieren.

Da ein  Pferd aber kein Billigprodukt aus dem Supermarkt ist, sondern ein Lebewesen für welches man als Züchter  Verantwortung übernommen hat, kann man es auch nicht so leichtfertig verschleudern. Vergessen wir dabei nicht, was der Züchter  schon in das von ihm gezüchtete Pferd investiert hat. Und genau hier wird dem Züchter für sein Produkt häufig der Wert abgesprochen, denn es wird davon ausgegangen, dass Züchter sowieso nicht damit rechnen, etwas zu verdienen. Geschätzte Damen und Herren etwas mehr gegenseitige Wertschätzung wäre hier angebracht!

 

Es muss ja nicht gleich der 2,01 Millionen teure Vivaldi-Dancier-Sohn  sein, der die Niedersachsenhalle zum Beben brachte, als er von Andreas Helgstrand  mit seinem neuen Partner, der Hengststation Schockemöhle, beim Hannoveraner Hengstmarkt 2018 ersteigert wurde. Aufgepasst, damit es hier nicht zu einer „Neiddebatte“ kommt, die dem Image der Pferdezucht, Pferdehaltung und dem Pferdesport auch schaden könnte.  Hier ist wohl der Satz „Die Szene lebt von und mit der Hoffnung“ angebracht.

 

Nun zur Frage: was macht einen erfolgreichen Pferdezüchter aus?

Grundvoraussetzung ist die Liebe zum Lebewesen Pferd. Es gehören aber auch Fachwissen, Verkaufsgeschick und Begeisterungsfähigkeit dazu. Weiter muss am Hof genügend Fläche für Haltung, Auslauf, Weide und Grundfuttergewinnung vorhanden sein. Genügend Stallkapazität, um artgerecht aufziehen zu können, ist nötig. Grundlage der Zucht ist eine solide, durchgezüchtete Stutenbasis, um deren Vor- und Nachteile man Bescheid wissen muss.

 

Es gilt, über die Mutterlinie gut abgesicherte, leistungsgeprüfte Hengste zu verwenden. Zuchterfolg braucht Erfahrung, Ausdauer und Durchhaltevermögen. Detail am Rande, ich hatte im Jahr 2018, sprich nach 32 Jahren als aktiver Norikerzüchter meine erste selbstgezogene Bundessiegerstute.

 

Züchter brauchen ein gutes Auge und eine gute Beobachtungsgabe für das Pferd. Das ist nur bedingt erlernbar! Ideal ist es, wenn man über Kenntnisse im Reiten und Fahren verfügt und wenn Pferde am eigenen Betrieb ausgebildet werden können. Ein verantwortungsvoller Züchter soll unbedingt zur Selbstkritik fähig sein, auch wenn es manchmal schwer fällt. Es ist notwendig,  betriebswirtschaftlich nicht auf die Pferdezucht alleine angewiesen zu sein.

Eine Familie die hinter einem steht und am Betrieb voll mit zieht ist ein weiterer Erfolgsgarant, und erleichtert die Arbeit. Zu guter Letzt vergessen wir dabei nicht, dass Zuchterfolg auch das notwendige Quäntchen Glück braucht.

 

Zum Abschluss meiner vorweihnachtlichen Gedanken, erlauben sie mir noch ein paar Zeilen über eine Entwicklung in der österreichischen Pferdezucht, die mich nach 28 Jahren im Dienste der steirischen und damit auch österreichischen Pferdezucht etwas nachdenklich stimmt.

Jeder Mensch der Pferde züchtet muss Mitglied in einem Pferdezuchtverband sein. Die Frage die sich hier auftut ist jedoch, in welchem?  Das naheliegende und einzig Richtige und Mögliche ist die Regionalität. Wohnt man in der Steiermark, so ist man Mitglied beim Landespferdezuchtverband Steiermark, kommt man hingegen aus Niederösterreich, wird man Mitglied beim Verband der niederösterreichischen Pferdezüchter usw., das hat zur Zeit, bis auf einige Ausnahmen, Gültigkeit in Österreich. Das gibt auch die sehr wohl durchdachte Organisation in Österreich vor. Doch durch die momentan stattfindende Globalisierung der Zuchtwelt,  kann es hier zu Veränderungen kommen, die ich für die österreichische Pferdezucht besorgniserregend finde, und möchte hier meine Bedenken äußern.

 

Durch sinkende Mitgliederzahlen und fehlende finanzielle Mittel in einigen Verbänden, muss es neue Wege geben, um die Löcher in den Kassen zu füllen. Verbände werden versuchen ihren Mitkonkurrenten am Markt die Mitglieder mit ihren Zuchtpferden abzuwerben, und das zu Lasten der Zucht. Geringere Mitglieds- und Stutenbeiträge, ein Gratisschnitzel vom Billigschwein inklusive Getränk bei der Jahreshauptversammlung des werbenden Zuchtverbandes sind hier noch das geringere Übel. Pferde nicht mehr ihrer Qualität entsprechend  zu benoten, gleichen einem Lockangebot, und können bei Gott einem Zuchtfortschritt nicht dienlich sein. Hand aufs Herz liebe Obmänner, Funktionäre, Zuchtleiter,  Geschäftsführer, wer hatte im eigenen Verband nach einer Stutbucheintragung, Körung oder Schau noch keine unzufriedenen oder gar beleidigte Züchter? Das liegt in der Natur der Sache, denn Pferde zu richten, egal ob in Zucht oder Sport, ist dein undankbarer Job, da die Wahrnehmung des eigenen Pferdes, speziell bei wenig selbstkritischen Züchtern, sehr oft von jener, der Zuchtrichter abweicht. Die Richter in Zucht und Sport stehen deshalb bei Züchtern, Reitern und Fahrern gerne in Kritik. Zufrieden sind meist nur die Erstplatzierten. Wir alle wissen Pferdezucht ist eine sehr emotionale Sache.

 

Pferdeveranstaltungen, sind oft wie ein Pulverfass. Emotionsgeladen, voll angespannt, mit hoch geschraubten Erwartungen, werden Ergebnisse abgewartet. Läuft etwas nicht so wie man es sich erhofft hat, ruft jeder gleich nach den Schuldigen und schon will man den Verband wechseln. Spätestens hier müssten sich alle Verantwortlichen die Frage stellen: Wollen wir eine gut funktionierende, sich am Markt orientierende Pferdezucht „Made in Austria“ oder wollen wir eine nie endende Völkerwanderung von Bundesland zu Bundesland, bei welcher unser vielgeliebter hoch geschätzter Partner Pferd auf der Strecke bleibt?

Lassen wir die Kirche im wahrsten Sinne des Wortes im Dorf. Bleiben wir gemeinsam am Boden der Realität, diskutieren wir weiterhin auf Augenhöhe, stellen wir persönliche Befindlichkeiten hintan, unsere heimischen Pferderassen mit ihren Züchtern haben es sich verdient.

 

Denken wir lieber darüber nach wie wir die heimische Pferdezucht gemeinsam vorantreiben können, und das in Österreich gezogene Pferd noch besser vermarkten können. Viele sehr gute Initiativen gibt es ja schon. Was sollten die langfristigen Ziele der österreichischen Pferdezucht sein?

  • Das Image der Pferdezucht durch zufriedene Kunden noch weiter verbessern
  • International erfolgreiche Pferde „Made in Austria“ zu züchten
  • Pferdezucht kostendeckend oder gewinnbringend zu betreiben
  • Weiterhin eine landwirtschaftliche Pferdzucht zu fördern
  • Faire Preise für die gezüchteten Pferde zu erzielen.

Dann wird es zufriedene Züchter und Pferdekäufer geben.

 

Geschätzte Konsumenten, vergessen wir bei aller Selbstverständlichkeit, auch beim Öffnen der Geldbörse nicht auf die Wertschätzung unserer heimischen Züchter, denn wie heißt es so schön: „Ohne Züchter keine Pferde“.

 

In diesem Sinne geschätzte Damen und Herren, liebe Jugend wünsche ich ihnen einige besinnliche Feiertage, fröhliche Weihnachten und ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2019.

 

Walter Werni

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