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Wien ist anders – auch in der Noriker-Zucht
Wer hätte gedacht, dass es am Stadtrand der Metropole Wien Pferde-Enthusiasten gibt, die sich der Noriker-Zucht – und noch dazu einem bestimmten Farbschlag – nämlich den „Braunen“, verschrieben haben?!
Das Duo Claudia Krawert - wohnhaft in 2333 Leopoldsdorf und ihr Lebensgefährte Bernd Jungwirth, hat mit „Wien´s einzig(artig)er Norikerzucht“ eine persönliche Vision umgesetzt. Diese hat dank ihrer Vorzüglichkeit oftmals schon andere Mitstreiter „kaltblütig“ - im positiven Sinne, von den Spitzen-Plätzen verdrängt.
Dabei hat alles ganz unspektakulär angefangen. Mit einem einzigen Los, welches Claudias Großvater bei der Tombola beim Fahrturnier in Neusiedl am See im September 1987 seiner Enkelin kaufte, wurde das Glück „am Schopf gepackt“. Der Hauptgewinn war Minishetland- Pony „Lilli“ und somit ging´s mit den ersten Reit- und Fahrversuchen los. 1993 wurde sportlich groß umgestiegen – auf den ehemaligen Beschäler und Vierspänner-WM-Warmblüter „Doleryt“, welcher 30 Jahre alt wurde. Die 1999 gekaufte Gidran Stute „Royal Lady“ forderte Claudia, brachte ihr aber gleichzeitig „vielseitige“ Ambitionen bei. Dieser Leistungs-Typ wurde 2004 mit dem profilierten „Walk Along“ gedeckt und das Ergebnis daraus war das gelungene Österreichische Warmblut-Zuchtprodukt „Waikoloan“. Dieser kam ihren Traumpferd-Vorstellungen von einem großen Fuchs mit breiter Blesse und hochweißen Stiefeln sehr nahe - doch bald sollte es anders kommen.
Wunderschön wie der Schi-Urlaub im Februar 2007 war das Pferd, welches Claudia auf sonnigen Schnee-Höhen entdeckte. „So mächtig und dabei doch prächtig“, dachte sich die Pferde-Liebhaberin, als sie „Blue Lady Elena“ (von Monet Nero XIV aus der Berg-Spiag nach Gamsbichl Diamant XIII) näher in´s Visier nahm. Mit deren Züchter Hermann Esterbauer aus Maria Alm in Salzburg wurde man schnell handelseinig und so zog die Zweijährige als Beistellpferd (kurz vorher hatte Claudia „Waikoloan“- s Mutter verloren), in den Krawert-Stall um. Dass sich die Amazone einmal in einen Noriker und noch dazu in einen einfarbigen verguckt, hätte sie selbst nie für möglich gehalten.
Keinesfalls „farblos“, sondern in herrlichstem Kastanienbraun und in wohl-proportionierter Kalibrigkeit bei 1,63 m Stock präsentierte sich „Blue Lady Elena“ dann bei der Niederösterreichischen Stutbuch-Eintragung im niederösterreichischen Stössing im August 2009. Ein überragender Rasse- und Geschlechts-Typ, Exterieur- und Gang-Korrektheit, sowie ein hervorragender Schritt mit taktklarem Raumgriff verhalfen der erstklassigen Vierjährigen zum Körungs-Sieg mit 8,05 Punkten. Da konnte ihre stolze Besitzerin Frau Krawert gar nicht mehr anders und stieg voller Freude in die Noriker-Zucht ein. Daraus entwickelte sich eine echte Leidenschaft – vermutlich schlagen hier die Gene von Claudias Opa durch, der seine Landwirtschaft am Rande von Wien mit selbst gezüchteten Pferden bearbeitete.
Schon im Vorfeld überlegt sich Claudia ganz genau, welche Anpaarungen wohl am besten zusammen passen, bzw. welche Zukäufe die „Norikerzucht Wien“ weiterbringen. Universal, mit hoher Leistungsbereitschaft und feinem Charakter sollen die Kaltblüter sein – die vom Krawert-Team liebevoll genannte „Lena“ – dient hier als Maßstab. Sie ist nicht nur äußerst leichtrittig, sondern auch verlässlich im Fahren und oftmals fotogenes Parade-Pferd bei Festlichkeiten. Gleich ihr erstes Kind – der im April 2012 geborene „Molotow Diamant“ (von Mörtl Diamant XII) holte die Landes-Reserve-Sieger-Schärpe. In diesem Monat kam zwei Jahre später auch seine sehr hübsche Vollschwester „Blue Lady Estelle“ zur Welt.
Da war es 2011 die richtige Entscheidung von Claudia Krawert, dass sie auch die Mutter von „Blue Lady Elena“ auf den Hof holte, da sich diese Gene derart gut durchschlagen. So übersiedelte „Berg-Spiag“ (von Gamsbichl Diamant XIII) mit ihrem Fohlen „Beluga“ (von Stahl Vulkan) nach Wien. In Bad Schönau war die Stute am 01. Juli 2012 gleich Zweit-Beste bei den Einjährigen. Diesen Spitzen-Rang erreichte sie auch bei der Materialprüfung 2014 in St. Pölten-Hart. Die Stamm-Mutter brachte mit „Senia“ – welche über „Zirm Schaunitz“ den vererbungssicheren Zeder Schaunitz XIV im Pedigree führt, eine weitere, sehr umgängliche und nervenstarke Vorzeige-Tochter, welche seit 2012 ebenfalls zu Krawerts Zuchtstuten zählt.
„Von der Pech-Marie zur Gold-Marie“ könnte man die Karriere von „Gisi-Larissa“ (von Enrico Vulkan XVI, aus der Gisi-Lena nach Tarent Vulkan) umschreiben. Als Nummer 107 im Rahmen der OÖ Fohlenversteigerung bereits auf einem Händler-Lkw „abgeschoben“, wurde sie im September 2011 aus Mitleid von Claudia Krawert erworben. „Larissa“ dankte es ihrer neuen Besitzerin im Juli 2012 mit dem Sieg bei der Zuchtschau in Bad Schönau und das Jahr darauf mit dem Reserve-Sieg in Katzelsdorf. So richtig „schön „zusammengewachsen“ hatte sie sich dann im Juni 2014. Im Rahmen der großen Landwirtschaftsmesse Wieselburg kam die 1,60 m Stock messende, kompakte und äußerst bewegungs- und ausdrucks-starke Dreijährige zur Körung. Mit 8,14 Punkten in Klasse 1b eingestuft, holte sie sich als Landes-Siegerin ihr verdientes Gold. Claudia schätzt an ihr besonders – ganz Lady-like, die noble Gelassenheit und die große Lernfreudigkeit.
Um den Jungpferden bei der Ausbildung ein „Lebensversicherungs-Pferd“ zur Seite zu stellen, erwarb die „Norikerzucht Wien“ im Jahr 2013 „La Luna“ (von Macht Diamant XI, aus der Laura von Ramses) mit ihrem Fohlen „Staccato Vulkan“. Viel Charme und elastischer Raumgriff sind die Vorzüge der 2006 geborenen Hengst-Mutter. Ihre 2014 geborene Tochter „Laika“ (von Gotik Diamant) war als Reserve-Siegerin fast genauso erfolgreich wie „Blue Lady Estelle“, welche bei der großen Pferdeschau 2015 in Katzelsdorf gewann. Von Claudia selbst solide ausgebildet, zeigte sie bei der Leistungsprüfung in Stössing, dass sie vieles kann und erhielt damit die Verbandsprämie. Genauso gut wurde der 4jährige Wallach „Wolkenstein Nero“ vorgestellt, welcher den 2. Reserve-Sieger-Platz bei der Materialprüfung in Altenmarkt einnahm.
Der 2012 zugekaufte „Schober Vulkan XVIII“ (von Schlern Vulkan XVII, aus der Adler-Madame von Morgenstern Nero XIV) des Züchters Erich Grafenauer/Vorderberg überzeugte bei der Körung am 11. September 2015 mit seinem Rasse-Adel in moderner Aufmachung. Überdurchschnittlich unterwegs war der Dunkelbraune dann bei der Leistungsprüfung im November im Pferdezentrum Stadl Paura - der Schwerzug und das Schwachholzziehen liegen ihm aufgrund seiner Nervenstärke ganz besonders. Die Vorbereitung für den Stationsaufenthalt lag auch in diesem Fall in den Händen der „Norikerzucht Wien“.
Während Claudias Partner Bernd als „Marathon“-Läufer alle „Norischen“ bei den Zuchtveranstaltungen vorstellt, ist sie selbst für die Ausbildung zuständig. Schließlich hat „Frau“ jahrelange Übung darin. Schon als Mädchen war sie die „rechte Hand“ ihres international startenden Großonkels, welcher seine Gespann-Pferde am Hof des Großvaters stehen hatte. Heute sind dort ihre Rösser zuhause und werden von der Hobby-Züchterin – welche vom Bewerter für „Pferdesport & Spiel“ bis zum Vierspänner-Abzeichen verschiedenste Ausbildungen und Prüfungen hat, trainiert.
2017 wurden diese Bemühungen mit einer sehr „ertragreiche Ernte“ belohnt. Beim Noriker-Festival im niederösterreichischen Thenneberg auf der Reitsportanlage der Familie Winter waren Claudia´s Noriker die Sieger. Die selbstgezogene, dreijährige „Blue Lady Estelle“ platzierte sich bei der Stutbucheintragung auf dem hervorragenden 5. und bei der Materialprüpfung am 1. Reserve-Sieger-Platz. Beim Fohlen-Championat gab es für „Limenta“ (aus der Gisi-Larissa) Bronze. „Sir Ambros Vulkan“ (von Schober Vulkan aus der VPrSt. Kitty nach Tarent Vulkan) war bei den Hengst-Fohlen nicht nur 1. Reserve-Sieger, sondern glänzte mit der höchsten Bewegungs-Note. Er wurde - so wie „Madonna A“ (gezogen aus der steirischen Landes-Siegerin Mirabell) vom Zuchtstall Ambros Ankerl erworben. Als Stutfohlen mit überragendem Typ und ausgezeichnetem Gang gewann die Wild-Nero-Tochter das Landes-Championat. Dass die Jungpferde-Aufzucht in Wien-Unterlass passt, hat sich damit einmal mehr gezeigt. Und so wird das Gestüt Krawert auch weiterhin ein gewichtiges Wort bei den Norikern mitreden!
Barbara Schneider
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