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LZV SteiermarkSteiermark | Dez 2020

Pferd und Mensch

Es ist schon fast ein Jahr her, seit das Coronavirus begonnen hat, unser Leben gehörig durcheinander zu bringen.

Somit neigt sich ein schwieriges und besonders herausforderndes Jahr 2020 dem Ende entgegen, und damit auch viele Pferdeveranstaltungen. Natürlich haben uns die coronabedingten Einschränkungen und Hygienemaßnahmen im heurigen Jahr auch bei den Pferdeveranstaltungen vor neue Herausforderungen gestellt. Die geänderten Bedingungen haben uns aber auch gezeigt, dass trotz der Einschränkungen und der Einhaltung der Hygienevorschriften die erfolgreiche Abhaltung vieler Veranstaltungen möglich gewesen ist, weil die agierenden und anwesenden Personen sehr viel Verständnis, Disziplin und Eigenverantwortung an den Tag gelegt haben.

 Nun aber zum Pferd!

Die Entwicklung vom Urpferd zum heutigen Pferd ist charakterisiert durch eine evolutionäre Entwicklung vom kleinen, mehrzehigen, blätterfressenden Waldbewohner zum einzehigen Grasfresser. Das äußere Erscheinungsbild, die Physiologie und das arttypische Verhalten der Pferde sind das Resultat einer etwa 60 Millionen Jahre dauernden Entwicklung. Unser heutiges Hauspferd wurde um ca. 5.000 bis 3.000 v.Chr. domestiziert, sprich in den Haustierstand übergeführt. Die Domestizierung hat dem Menschen viele Vorteile gebracht. Das Pferd wurde als Arbeits- und Zugtier eingesetzt, war für eine schnellere Fortbewegung über weite Strecken verantwortlich, war aber auch ein wichtiger Nahrungsmittel- und Lederlieferant. Das heißt das Pferd hat die Geschichte des Menschen in den letzten Jahrtausenden wesentlich beeinflusst, deshalb haben Mensch und Pferd eine ganz besondere emotionale Bindung. Pferde üben eine besondere Faszination auf viele Menschen aus.

Um das Lebewesen Pferd besser verstehen zu können, sollten wir auf das Verhalten des Pferdes als Steppentier, Herdentier und Fluchttier etwas näher eingehen. Seit ca. 25 Millionen Jahren Gras fressend, wurde energiearme und faserreiche Nahrung, über viele Stunden am Tag, eingenommen. Gekoppelt an das Fressverhalten ist die ruhige, langsame Bewegung im Diagonalschritt. Anatomie, Physiologie und Verhalten sind seit Millionen Jahren genetisch verankert. Des weiteren kennzeichnen das Pferd eine perfekte Thermoregulation und eine hohe Lichtverträglichkeit und ein großes Lichtbedürfnis. Pferde als Herdentiere brauchen einen engen Sozialverband mit Artgenossen, denn Gemeinschaft bringt dem Individuum viele Vorteile. Nur in der Gruppe kann das Pferd seinen spezifischen Bedürfnissen nachgehen, ohne ständig auf der Hut sein zu müssen. Auch die Fluchtreaktion ist genetisch tief verankert; schnelle Flucht ist noch immer die beste Verteidigung. Die Devise lautet: Wachsamkeit mit allen Sinnesorganen unter Spezialisierung von Beinen (Zehenspitze – Huf), Kreislauf- und Atmungsorganen. Je früher und rascher die Flucht gelingt, desto besser ist die Überlebenschance. Hier spielen angeborene und erworbene Mechanismen eine wichtige Rolle. Für Pferde ist die Körpersprache das wichtigste Kommunikationsmittel das zur Verfügung steht, um mit Artgenossen und auch mit dem Menschen zu kommunizieren. Dabei sind sie durch die hohe Entwicklung ihrer Sinnesorgane um ein vielfaches aufmerksamer als der Mensch. Sie nehmen Körpergeruch besser wahr, erkennen an der Stimmlage des Menschen dessen Stimmung und lesen an seiner Körpersprache den Befindlichkeitszustand. Pferde spüren, ob der Mensch Angst, Aggressionen oder Ablehnung verspürt oder ob er wohlwollend, entspannt und offen auf das Pferd zugeht. Diese Signale sendet der Mensch unbewusst und meist auch ungewollt aus. All diese Eigenschaften, seine Anmut und Stärke, das menschenfreundliche und menscheninteressierte Wesen des Pferdes ziehen den Menschen in seinen Bann, und machen es so zu einem Partner und direkten Feedbackgeber für den Menschen.

Das Wissen um diese grundlegenden Eigenschaften bringt dem Menschen Verständnis und erhöht die Sicherheit im Umgang mit den Tieren. Die artgerechte Haltung, sieht deshalb tägliche Bewegung vor, nicht nur unter dem Sattel, sondern auch auf weitreichenden Koppeln, Wiesen und Weiden.

Denn nur wenn es zufriedene Pferde gibt, gibt es auch glückliche und stolze Pferdebesitzer.

Und schon sind wir beim Menschen angelangt.

 In Relation zur langen Geschichte der „Pferd – Mensch – Beziehung“, gibt es den Sport- und freizeitmäßigen Umgang mit dem Pferd erst seit kurzer Zeit. Nach der Wachablöse des Pferdes durch den Traktor in der Landwirtschaft, welche in den 1950-iger Jahren stattgefunden hat, war der Tiefpunkt des Pferdebestandes in vielen westeuropäischen Ländern Anfang der 70-iger Jahre. Das Pferd verschwand aus dem täglichen Leben, aber auch aus den Gedanken der Bevölkerung. Diese Entwicklung konnte zum Glück Anfang der 1980-iger Jahre wieder umgekehrt werden. Mittlerweile hat sich das Pferd als beliebter Sport-, und Freizeitpartner etabliert. Durch seine besonderen Eigenschaften hat sich das Pferd zu einem wertvollen Begleiter des Menschen entwickelt. Der Reit- und Fahrsport, sowie der Umgang mit dem Pferd begeistert Frauen sowie Männer von Jung bis Alt und nimmt dabei Einfluss auf die körperliche und mentale Konstitution der Betreibenden. Egal ob Reiten, Fahren, Voltigieren usw. helfen Pferde dem Menschen in der heutigen Zeit, sich gesund zu erhalten oder unterstützen sie dabei, Gesundheit zu erlangen.

Laut einer Definition der WHO 1948 ist „Gesundheit ein Zustand völligen psychischen, physischen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur das frei sein von Krankheit und Gebrechen“ Gerade beim Thema Gesundheit sind wir bei einem Punkt angelangt, welcher uns im Jahr 2020 vor besondere Herausforderungen gestellt hat.

Die Covid 19 Pandemie hat uns fast das gesamte Jahr mehr oder weniger beschäftigt und uns vor viele neue Herausforderungen gestellt. Leider ist der Kelch nicht, wie es viele gehofft haben, an uns vorübergegangen, Corona hat uns voll erwischt d.h. die Covid – 19 Pandemie hat sich nicht nur auf die Pferdezucht, sondern auch auf den Freizeit-, und Turniersport negativ ausgewirkt. Auch der Begriff „Lockdown“ ist zu einem ständigen Begleiter geworden. Sinn und Zweck des Lockdowns ist die Eindämmung der Pandemie, vor allem durch Reduktion der sozialen Kontakte. Hier stellt sich die Frage, „Wie wirken sich die Einschränkungen während des Lockdowns auf unser Seelenleben aus?“.

Die Auswirkungen auf die menschliche Psyche sind vielfältig. Durch das Einschränken der sozialen Kontakte stehen wir vor einer total neuen Situation. Denn gerade die sozialen Kontakte sind ein ursprüngliches und wichtiges zwischenmenschliches Bedürfnis von uns allen. Zu Hause bleiben zu müssen, kann Stress bedeuten. Angst, selbst krank zu sein oder zu erkranken, Langeweile und Frustration können schwerwiegende Folgen haben. 

Jetzt werden sich viele die Frage stellen: „Was hat das alles mit dem Lebewesen Pferd zu tun?“, Sehr viel kann ich ihnen sagen, denn Tiere können den Lockdown-Stress reduzieren.

Während des Corona – Lockdowns im Frühjahr waren Pferde und andere Haustiere eine wertvolle Stütze und milderten Stress ab! Zu diesem Ergebnis kommt eine britische Studie der Universität von York und der Universität von Lincoln. Zwischen Ende März und Anfang Juni hatten die Wissenschaftler eine Online – Befragung durchgeführt, an der 5926 Personen teilgenommen hatten. 6,3 Prozent besaßen ein Pony oder Pferd. 90 Prozent aller Befragten gaben an, ihr Tier habe ihnen emotional durch die Situation geholfen. Bei 96 Prozent trug das Tier dazu bei, dass ihre Besitzer während des Lockdowns aktiver blieben. Mehr als zwei Drittel der Tierhalter gab aber auch zu, dass sie sich wegen ihrer Tiere Sorgen gemacht hätten – ob diese im Falle einer Krankheit tierärztlich gut versorgt wären, ob sie allgemein während der Einschränkungen genug Bewegung bekommen etc. Die Wissenschaftler betonen daher, dass es wichtig sei, Tierhalter bei der Pflege ihres Tieres während einer Pandemie zu unterstützen. (Quelle: St. Georg, Dezember 2020, Seite 19.)

Besonders schwer in Zeiten wie diesen, haben es die Kinder und Jugendlichen. Viele von ihnen haben noch kein gefestigtes „Ich“ und befinden sich häufig in einer ohnehin schwierigen Lebensphase. Viele von ihnen leiden unter der momentanen Situation. Sie brauchen Hilfestellungen, denn nicht zuletzt schwächt der psychologische Stress auch das Immunsystem, was Infektionsgefahren erhöhen kann.

Wie oben beschrieben, kann der Freizeitpartner Pferd hier wertvolle Dienste leisten, denn Pferde verbinden uns mit der Natur, halten uns körperlich aktiv und machen viele Kinder und Jugendliche glücklich. Das bestätigt eine Studie des Zentrums für Public Health der Medizinischen Universität Wien und der Fachhochschule Campus Wien. Das Reiten und der Umgang mit dem Pferd ermöglicht den Jugendlichen eine stärkere Verbindung zur Umwelt und Natur, was durchwegs positive Auswirkungen für sie hat. Aktivitäten mit Pferden in einer natürlichen Umgebung helfen beim Stressabbau, stärken unseren Körper und machen uns glücklicher und zufriedener. Gerade der Aufenthalt und die Bewegung im Freien ist als Gesundheitsfaktor sehr hoch einzuschätzen, denn Pferde fördern unsere Gesundheit und unser Wohlbefinden. Der Umgang mit dem Pferd und der Pferdesport sind aktive körperliche Arbeit. Die harmonischen Bewegungsabläufe beim Reiten führen zu einer Steigerung des Leistungs-, und Lernpotentials, sowie zu einer Verbesserung von Koordination, Atmung, Kreislauf und Balance. Gesundheitssport mit Pferden kräftigt die Rücken-, Bauch- und Beckenmuskulatur, fördert die Haltung, führt zu Entspannung und Stressabbau und steigert das Wohlbefinden insgesamt. Studien zeigen, dass alleine beim Umgang mit Pferden Gesundheit und Wohlbefinden gefördert und unterstützt werden, aktives Reiten also nicht unbedingt erforderlich ist.

Ein weiterer Aspekt, der für das Pferd spricht ist der, dass Pferde auch Kindern und Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen helfen, die es in dieser Zeit besonders schwer haben.

Ganz klar, bereichern Pferde auch unsere Jugend. Pferde geben unmittelbar ein ehrliches Feedback und sensibilisieren das sehr häufig fehlende Verständnis für Natur und Tiere und unterstützen die Persönlichkeitsentwicklung und das Verantwortungsbewusstsein der jungen Menschen. Der Umgang mit Pferden fördert auch soziale Kontakte mit Gleichgesinnten, die gerade in Zeiten des Lockdowns sehr häufig fehlen, und stärkt das Selbstbewusstsein. Damit leisten Pferde einen wertvollen Beitrag zur Jugend-, und Sozialarbeit.  Mit Pferden arbeiten heißt mit Körper, Geist und Sprache zu kommunizieren.

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass  sowohl ältere als auch junge Menschen Probleme in der Coronakrise haben – nur sind die Probleme nicht dieselben. Aber bei der Bewältigung vieler Probleme kann das Pferd ein wertvoller Partner sein, denn wie heißt es so schön – Mensch und Pferd haben eine ganz besondere emotionale Bindung – Menschen lieben Pferde. Vergessen wir bei aller Euphorie nicht, dass Sensibilität im Umgang mit dem Lebewesen Pferd mehr denn je gefragt ist.

Auch auf einen respektvollen Umgang miteinander und natürlich auch mit dem Pferd sollten wir nicht vergessen!

In diesem Sinne geschätzte Damen und Herren, liebe Jugend wünsche ich ihnen einige besinnliche Feiertage, ein frohes Weihnachtsfest, vor allem aber ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2021

Walter Werni

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